Hallo liebe Kunstfreunde,
mit unserem heutigen Thema möchte ich Sie animieren, eine kleine Reise in die Extremadura zu unternehmen; zunächst nach Cáceres und dann weiter nach Malpartida. Für beide Orte sollten sie je einen Tag einplanen: Cáceres ist als Stadt sehr interessant, aber neben allen Sehenswürdigkeiten sollten Sie auf jeden Fall die Fundación Guyasamin besuchen. Guyasamin ist für mich der bedeutendste Maler überhaupt; er starb vor einigen Jahren und hatte zu Lebzeiten auch zeitweise in Spanien gelebt und gearbeitet. Die meisten seiner berühmten Bilder sind in einem großen Museum in Quito in Südamerika zu sehen- aber etliche befinden sich auch in Cáseres. Ich habe vor einigen Jahren das Guyasamin-Museum in Cáseres besucht und war begeistert von den Bildern, die es dort zu sehen gab. Auf meiner Website, liebe Kunstfreunde, können Sie in der Rubrik Tipps und Tours etliche Links zu Guyasamin und der Fundación in Cáceres finden. Vielleicht widme ich diesem bedeutenden Maler auch eine extra Sendung, mal sehen…
Fahren wir erstmal weiter nach Malpartida. Dieser kleine Ort liegt ca. 10 km westlich von Cáceres. Zur Gemeinde gehört das große Naturschutzgebiet Los Barruecos das einzigartig in Spanien wenn nicht in Europa ist. Es gibt Seen und Tümpel, dazwischen glatt geschliffene Felsen ähnlich den schwedischen Schären. Tausende Störche und Wasservögel leben in dem Gebiet. Die Gemeinde wurde von der Stiftung europäisches Naturerbe als Europäisches Storchendorf ausgezeichnet.
Nun, nicht nur die Naturfreunde werden dort fündig, sondern auch wir Kunstfreunde.
Also auf nach Malpartida – dort liegt mitten im Naturschutzgebiet der Weißstörche das Museo Vostell. Wolf Vostell müsste eigentlich in Deutschland einem breiten Publikum so bekannt sein wie Picasso oder Joseph Beuys – und es ist erstaunlich, dass er im Ausland bekannter zu sein scheint als in Deutschland. Er (1932-1998) gehört zu den wichtigsten deutschen Künstlern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er hat wie kaum ein anderer Künstler den Werdegang der Bonner Republik begleitet und in seiner internationalen Ausrichtung wesentlich zur künstlerischen Identität der Avantgarde beigetragen. Er war wichtiger Mitbegründer der Fluxus-Bewegung. Happening, Videokunst, Installationen, alle Aktionskunst bis hin zu Schlingensief heute sind auf die eine oder andere Art mit seinem Namen verbunden.
Ich glaube die zwanziger und die sechziger Jahren dieses Jahrhunderts waren kunsthistorisch die interessantesten und kreativsten. Die Veränderungen im politischen Denken fanden ihren Widerhall in der Kunst. Es verwundert deshalb auch nicht, dass viele Entwicklungen der Zwanzigerjahre in den sechziger Jahren wieder aufgegriffen und variiert wurden. Der Dadaismus, über den wir zwei Sendungen gemacht haben, entstand und entwickelte sich in den zwanziger Jahren. Zitat aus unserer Sendung: „Die Dadaisten brechen mit der Tradition von Ausstellungen, in dem sie das Publikum aktiv in ihre Kunst mit einbeziehen.” “DADA ist die schöpferische Aktion in sich selbst.“ Die Kunst des Fluxus in den sechziger Jahren war somit der zweite Angriff auf das Kunstwerk, das im herkömmlichen Sinn negiert wurde und als bürgerlicher Fetisch galt. Ein Bild, eine Skulptur galt als überholt. Was zählte, war die schöpferische Idee. Es ging nicht mehr um Abbildung , sondern um das Begreifen einer Idee durch Aktion. Das Happening z.B. oder auch die Performance beanspruchte Kunst zu sein, ebenso wie die Malerei oder Bildhauerei, aber die Kunst sollte sich mit dem alltäglichen Leben verbinden, indem sie zum Beispiel alltägliche Handlungen durch eine Aktion verdeutlicht und es dadurch möglich wird, sie zu abstrahieren. Der Kunstbegriff - also die Definition, was Kunst ist - wurde somit erweitert um eine Dimension, die nicht sichtbar und damit überprüfbar ist. Das lädt zur Willkür ein, und viele dieser Aktionen sind auch willkürlich und undurchdacht. Aber gehen wir erstmal einen Schritt zurück: Eine der frühen Formen des Happenings ist die décollage. Décollage (frz.: décoller = abheben, losmachen, trennen, abkratzen) bezeichnet eine künstlerische Technik der 1950er und 1960er Jahre. Dabei werden von Passanten bereits zerstörte Plakate aus dem öffentlichen Raum in Streifen und Fetzen abgerissen und als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Kunstwerken verwendet. Es wird aber immerhin noch etwas hergestellt – vergleichbar mit den Arbeiten des Dadaisten Kurt Schwitters in den Zwanzigern. Das richtige“Happening“ hingegen war ein improvisiertes Ereignis direkt mit dem Publikum. Dazu gehören das Werfen von Gegenständen ins Publikum, Exhibitionismus, Blut- und Farborgien, Zerstören, Zerreißen, Verdrecken von Gegenständen. Ziel ist die durch unterschiedlichste Handlungen verursachte Schockwirkung auf ein Publikum, das in das Handeln einbezogen wird. Das Publikum ist dabei Teil der vom Künstler erdachten Aktion. Es wird mit einbezogen, wobei der Ablauf des Geschehens nicht von vornherein festgelegt ist. Je nach Reaktion der Zuschauer kann unterschiedlich improvisiert werden (wobei Happenings selten vollständig improvisiert sind, sondern durchaus zuvor durchgeprobt werden). Hieraus ergibt sich auch, dass Happenings für gewöhnlich keinen festen zeitlichen Rahmen haben, oftmals weiß das Publikum nicht einmal, wann das Happening beendet ist. – Und wozu es eigentlich diente…
Eine andere Form der Décollage ist die Dé-coll/age von Wolf Vostell, dem es nicht um das Zerstören, sondern um das Sichtbarmachen geht. (deshalb auch die andere Schreibweise) Um das, was hinter einem Gegenstand steckt. Rein technisch wurde dafür eine Vorlage gefärbt oder ihr wurde die Farbe entzogen, es wurde verzerrt, verwackelt, übereinander gedruckt oder verwischt; mit einer Mischung aus Terpentin und Tetrachlorkohlenstoff lassen sich Fotografien in Zeitschriften verwischen. Die Dé-coll/age des Happenings zielt bei ihm auf eine bewusstseinskritische Aufschlüsselung absurder Umweltbedingungen, die den Menschen bedrängen; Vorgänge des Alltags, z.B. der Autoverkehr. Mitten in der Stadt übergießt Vostell 1989 ein Auto mit Beton; er betoniert es ein und nennt das Werk „ruhender Verkehr“. Schon in den Dé-coll/age-Happenings der frühen 1960er-Jahre wurden Gegenstände von ihm zerlegt, in Cáceres sogar ein ganzes Flugzeug.
1955/1956 besuchte Vostell die Pariser École nationale supérieure des beaux-arts und 1957 die Kunstakademie Düsseldorf. Sein Happening Das Theater ist auf der Straße von 1958 in Paris ist das erste Happening in Europa. Sein Happening Cityrama von 1961 in Köln war das erste Happening in Deutschland.
Vostell produzierte Objekte mit Fernsehern und Autoteilen. Beeinflusst von der Arbeit Karlheinz Stockhausens im elektronischen Studio des WDR im Jahre 1954, entstanden 1959 elektronische TV-Dé-coll/agen. Damit begann sein Engagement in der Fluxus-Bewegung, die er Anfang der 1960er Jahre mitbegründete.
Im Jahr 1959 gründet Vostell das Wolf-Vostell-Archiv. Er sammelt Fotografien, künstlerische Texte, persönliche Korrespondenz und Objekte von Weggefährten wie Nam June Paik, Joseph Beuys, Dick Higgins, Yoko Ono. Objekte, die das Schaffen der Künstler seiner Generation dokumentieren.
Vostell initiierte Happenings, erst in Wuppertal, 1964 dann in New York und weitere in Berlin, Köln und Ulm. 1963 wurde Wolf Vostell mit 6 TV Dé-coll/age in die Sammlung des Museo Reina Sofía Madrid aufgenommen und mit seinem Video Sun in your head zum Pionier der Videokunst. 1965 nahm er am 24-Stunden-Happening in der Galerie Parnass in Wuppertal teil. 1967 setzte er sich im Happening Miss Vietnam mit dem Vietnamkrieg auseinander. 1968 kam es in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Mauricio Kagel und anderen zur Gründung des Labor e. V., welches akustische und visuelle Ereignisse erforschen sollte.
Vostell gilt als der erste Künstler, der ein Fernsehgerät in ein Kunstwerk integrierte. Das dreiteilige Werk aus dem Jahre 1958 mit dem Titel Zyklus Schwarzes Zimmer(Video) ist Teil der Sammlung der Berlinischen Galerie (Die Einzelteile heißen Deutscher Ausblick, Auschwitz-Scheinwerfer und Treblinka) Diese Arbeit öffnete quasi die Tür zur Video- und Medienkunst. Frühe Werke mit Fernsehern sind Transmigracion I bis III, aus dem Jahre 1958 und Elektronischer dé-coll/age Happening Raum, von 1968.
Wolf Vostell setzte sich in seinem künstlerischen Schaffen schon seit den 1950er Jahren mit weltpolitischen Ereignissen auseinander. Er thematisierte 1958 den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust in seinem Zyklus Schwarzes Zimmer. Der Koreakrieg und der Vietnamkrieg wurden Themen seiner Werke, so bei seiner Verwischung Miss Amerika von 1968. Die Ermordung von John F. Kennedy und weitere internationale politische Ereignisse behandelte er in seinen Bildern und Assemblagen.
Wolf Vostell thematisierte auch oft innenpolitische Themen der Bundesrepublik. Die Studentenrevolte, das Wirtschaftswunder und die Kapitalismuskritik sind in seinen Werken dokumentiert. Der Kalte Krieg und der Bosnienkrieg sind in seinen Werken präsent. Den Fall der Berliner Mauer dokumentierte und verarbeitete Wolf Vostell in über 50 Werken; vom 6 Meter breiten Triptychon “ 9. November 1989 “ bis hin zu kleineren Arbeiten. Ein ganzer Werkzyklus ist nur diesem Thema gewidmet. Über die Jahrzehnte ist Wolf Vostells Werk ein politisches Bekenntnis geworden.
Zur Technik: Neben Autos und Motorrädern integrierte Wolf Vostell immer wieder Fernsehgeräte in seine Arbeiten. Ein Beispiel : Wir sehen ein Klassenzimmer aus früherer Zeit, auf jedem Tisch ein Fernseher, in jedem Fernseher eine andere Szenerie, Puppenstube, Müll, ein Mixer; manche Fernseher sind geteert und gefedert. Auf dem Lehrerpult ein Fernseher mit laufendem Programm, der die Aktualität und die Jetztzeit in das Werk einbezieht. (Fernsehen ist meist kurzlebig und oft Müll. TV als Schule unseres Lebens. Interessante Frage: Wie würde man so eine Installation heute gestalten, im Zeitalter des internet und des Smartphones? )
1974 reiste Wolf Vostell nach Malpartida (im Südwesten von Spanien bei Cáceres) und gründete dort im Jahr 1976 in einer Wollwäscherei (Lavadero de Lanas) aus dem 18. Jahrhundert das Museo Vostell Malpartida. (Info: 1994 übernahm die Landesregierung , die Junta de Extremadura, die komplette Renovierung der Gebäude. Im Jahr 2005 erwarb sie das Vostell - Archiv. Es wurde fester Bestandteil des Museums und dient Kunsthistorikern und Journalisten als Informationsquelle.)
Das Museum zeigt in seinen Räumen und auf dem Gelände eine umfangreiche Sammlung von Werken des 1998 verstorbenen Künstlers. Darüber hinaus werden Werke anderer Fluxuskünstler gezeigt, unter anderem von Nam June Paik, George Maciunas , Yoko Ono, Allan Kaprow, Antonio Saura und Daniel Spoerri.Ebenso beherbergt das Museum die Sammlung von Gino di Maggio (der gezielt die Kunst des Fluxus sammelte).Hervorzuheben ist die Installation Das Ende Parzivals von Salvador Dalí.)
Schon ab 1975 beschäftigte sich Vostell mit spanischen Themen wie mit den Gemälden der Serie Extremadura, der Serie El muerto que tiene sed (Der Tote, der Durst hat) von 1976 oder 1985 El entierro de la Sardina (Das Begräbnis der Sardine). Ab 1976 reiste Wolf Vostell regelmäßig zwischen Berlin und Malpartida de Cáceres. In seinem spanischen Atelier entstanden über die Jahre eine Reihe von Bildern und Zeichnungen, die das Thema Tauromaquia zeigen. Zur Eräuterung: Die Tauromaquia - der vollständiger Titel lautet Tauromaquia o arte torear á caballo y á pie- ist eine Schrift, in der erstmals die Regeln festgelegt wurden, nach denen der spanische Stierkampf im Wesentlichen bis heute durchgeführt wird. Der Text entwickelte sich bald zum populären Ratgeber und Lehrbuch aller Toreros. Vostell zeigt auf großformatigen Leinwänden Stiere, meist blutend und zerfetzt. Vostell zeigt die Folgen eines solchen Textes, der sachlich und unschuldig daherkommt im Gewand eines x-beliebiges Kulturguts; einKnigge für Tierquäler. Denn es geht darin um die sinnlose aber beabsichtigte Quälerei von Tieren. Um Barbarei, um nichts anderes.
Vostell fertigt nun Assemblagen, bei denen er gemalte Stierköpfe mit Glühlampen, Autoteilen oder anderen Objekten verbindet. Man soll sehen, es geht nicht nur um eine historische Schrift… Es geht um mehr.
Fassen wir zusammen:
In den 1960er Jahren entwickelte sich in der Bundesrepublik eine übergreifende und umwälzende kulturelle und geistige Bewegung, die, selbstbewusst und engagiert durch Persönlichkeiten wie Joseph Beuys, Wolf Vostell und den Koreaner Nam June Paik, vorwiegend in Köln zu erleben war und die die Kunst revolutionierte. Diese Kunst war Teil der politischen 68er-Bewegung. Die neuartigen Happenings fanden durch ihre provokante Art schnell eine große Schar von Anhängern. Die Extravaganz und die politischen bzw. gesellschaftskritischen Bezüge waren wichtig und deshalb auch typisch für die Happenings von Wolf Vostell. Die Happenings banden auch Musik und andere Darstellungsformen mit ein, um alle Sinne anzusprechen. Die Fluxus-Konzerte boten dabei keine klangliche oder instrumentelle Ausgewogenheit, sondern es waren Klangerlebnisse, bei denen jedes Objekt zum Instrument werden konnte. Wolf Vostell z.B. schleuderte 200 Glühlampen gegen eine Plexiglaswand, die als Barriere zwischen Bühne und Publikum fungierte; Zerstörung und Geräusch, das an Krieg erinnerte. Er zerschlug mit einem Hammer Kriegsspielzeug und spickte Stecknadeln in rohes Fleisch, um ein Statement zum Zeitgeschehen zu geben. Joseph Beuys arbeitete mit Fett, mit Filz und Margarine. Solche Verfremdungen von Konsumgütern wurde oft als Verschwendung verstanden und beschimpft. Aber die Kunst-Aktivisten waren überzeugt, dass die Leute mit der Teilnahme an den Happenings und Fluxus-Aktionen aus ihren eigenen Ressourcen schöpfen und sich durch Kreativität „vervollkommnen“ könnten. Die Teilnahme des Publikums war ein Bestandteil der Happenings. Beuys, Vostell und Paik entwickelten aber auch die Videokunst als neue Darstellungs-und Erlebnisform, bei der ein Publikum nur zuschaute. Betrachtet man die internationalen Kunstmärkte seit den 1970er Jahren bis heute, so ist der Einfluss der Happening- und Fluxus-Bewegung unübersehbar. Viele Kunstwerke, die heute Galerien und Museen schmücken, sind Originale oder Variationen von Arbeiten jener Pioniere , die in den 1960er Jahren im Rheinland wirkten.
Der Künstler Christoph Schlingensief schuf in den letzten Jahren seines Lebens, z.B. mit seinem Fluxus-Oratorium mit dem Titel Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir, ein Werk mit internationaler Anerkennung.
Yoko Onos Concept-Art-Stück Wall piece for orchestra aus dem Jahr 1962, in dem sie begleitet von einem konventionellen Orchester kontinuierlich ihren Kopf auf den Bühnenboden schlug, würde heute als Performance gelten.
1968 ging Valie Export in München auf die Straße, einen mit einem Vorhang versehenen offenen Karton vor die nackte Brust geschnallt. Eine Videokamera hielt fest, wie vor allem Männer die Gelegenheit nutzten, um hineinzugreifen.
Gilbert & George wurden bekannt als „The Singing Sculpture“ (1970): Sie standen mit Goldfarbe bemalt auf einem Tisch oder Sockel, ließen das Lied „Underneath the Arches“ ablaufen und posierten mimisch oft für Stunden dazu. Andere Arbeiten führten Gilbert & George mit ausdruckslosem Gesicht aus; sie trugen zusammenpassenden Geschäftsanzüge und wirkten wie Banker oder Vorstandsmitglieder. Sie lehnen es ab, ihre Aktionskunst von ihrem alltäglichen Leben zu trennen und definieren ihre gesamte Aktivität und sich selbst als lebende Skulptur („living sculpture“).
Für Bruce Nauman sind „Handeln” und „Darstellen” wie im englischen „to act” eine Einheit. Als ich vor einigen Jahren in der Hamburger Kunsthalle war, schrie jemand sehr laut und ausdauernd „Help me, feed me!“ durch die Flure. Wir entdeckten den Armen schließlich in der untersten Etage. Es war ein Fernseher, darin als Warteschleife dieser geisteskranke Künstler mit seinem „Help me, feed me!“- Gebrüll. Der Museumswärter tat mir unglaublich leid, dieses Geschrei stunden- nein sogar tagelang ertragen zu müssen - an ihn hat Bruce Nauman sicher nicht gedacht, als er uns mit seiner Videokunst wachrütteln wollte… Aber es hat natürlich gewirkt! Ich habe mich von einem Hungernden abgewendet, ihn nicht mehr ertragen und hätte ihn ob der Belästigung am liebsten verprügelt. Genau dieses Verhalten hat Naumann in seiner Versuchsanordnung provoziert und nachgewiesen.
1984 begann der amerikanische Performance-Poet Marc Kelly Smith in Chicago mit einem ersten Poetry Slam. Dabei ist zur Vermittlung eigener literarischer Texte an das Publikum alles erlaubt, was Stimme und Körper möglich ist. Die Auftritte enthalten oft Elemente von Performance, darstellender- oder bildender Kunst.
Während der Retrospektive ihrer Arbeiten 2010 im Museum of Modern Art (MoMa), saß Marina Abramovic während der Öffnungszeit für ihre stille Performance mit dem Titel „The Artist is Present” (Die Künstlerin ist anwesend) insgesamt 721 Stunden im Lichthof des Museums an einem Tisch. Zuschauer konnten einzeln ihr gegenüber am Tisch Platz nehmen. - Oder auch nicht. - Ich eher nicht...
Was nun genau ist Fluxus? Sind Fluxus, Happening und Aktionskunst dasselbe? Dazu einige Zitate:
Fluxus war eine Form der Aktionskunst, eine Bewegung unter Künstlern gegen elitäre Hochkunst, und der Versuch, neue kollektive Lebensformen zu schaffen ( Hans Belting).
Fluxus wird aus einem fließenden Übergang zwischen Kunst und Leben, beziehungsweise der Einheit von Kunst und Leben erklärt: „Es geht um in das Leben einwirkende Produktionsprozesse und nicht um die Abschottung der Kunst vor dem Leben.“ „Das Leben ist ein Kunstwerk, und das Kunstwerk ist Leben.“ (Emmett Williams)
Fluxus als Aktionskunst integriert Video, Musik, Licht, Geräusche, Bewegung, Handlungen und diverse Materialien. Ein weiterer Unterschied zum Happening besteht in der Trennung zwischen Künstler und Publikum. Einige Künstler beteiligten sich an beiden Richtungen der Aktionskunst, ohne ihre verschiedenen Merkmale strikt auseinanderzuhalten.
Wenn Sie also, liebe Kunstfreunde, auf einen Knopf drücken und ein großes Auto- ein Cadillac vermutlich - fängt plötzlich an zu tanzen, aus den Rädern wachsen Besen an langen Stielen, und diese Besen beginnen nun Teller zu putzen, die zu Hunderten um den Wagen herum liegen- Teller, die eigentlich sauber sind und nicht geputzt werden müssten - und Sie, liebe Kunstfreunde sind doch eigentlich nur in einer alten Wollwäscherei irgendwo in den Wicken, vor dessen Eingang zwar ein Starfighter steht – Sie wissen, dieses Flugzeug, das immer abstürzt, - dann, liebe Kunstfreunde, haben sie keinen Albtraum und Sie haben auch keinen schlechten Stoff erwischt, sondern Sie haben einfach Fluxus kennen gelernt - oder sind happy, ganz wie sie wollen …
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