Jenen Moment in einem Bild einzufangen, in dem der seelische Zustand des Menschen sichtbar wird, gelingt nur wenigen. Man muss das Auge dafür haben. Ein Beobachter sein, der vorausahnen kann. Der Fotograf Hugo Fischer ist einer dieser wenigen. Seine Bilder reichen weit über das hinaus, was man “Schnappschuss” nennt. Er fängt nicht nur die Einmaligkeit einer Situation ein, sondern das, was sie darüber hinaus zeigt: Seelenzustände; Symbolhaftes jenseits des Klischee. Seine Bildsprache ist einfach, aber streng komponiert und dadurch sofort verständlich; man meint, solche Situationen zu kennen, ohne sie zuvor bewusst wahrgenommen zu haben. Stets werfen die Bilder Fragen auf:
Was macht der Mann? Denkt er nach? Erinnert er sich an eine besondere Situation seines Lebens? Ist er depressiv? Überlegt er seinen Selbstmord? Oder fasziniert ihn nur das Spiel der Wellen? Die Szenerie wirkt düster trotz des hellen Lichtes, harte Kontraste deuten auf einen Bruch der Geschichte. Der Mann ist alt. Perspektivisch steht er unterhalb der Kamera, weiß nicht, dass er beobachtet wird. Diese erhöhte Perspektive setzt den Betrachter auf den Rang, als sei unter ihm die Bühne. Ein ruhendes Bild - trotzdem erwartet man unwillkürlich, dass etwas geschieht...
Zwei Frauen sitzen auf einer Bank. Sie sind alt und vermutlich nicht wohlhabend. Hinter ihnen ist nichts als eine trostlose zu hohe Mauer. Was vor ihnen liegt, ist unbekannt und ungewiss wie ihr weiteres Leben. Sie sind einsam, haben sich nichts mitzuteilen. Sie haben dieselbe Blick - und vermutlich Lebensperspektive, Zwei Frauen auf der Bank, jedenfalls schauen sie in dieselbe Richtung, wo nichts Aufregendes passiert. Die Geste der linken Frau zeigt nachdenkliches Erinnern oder Resignation... Oder ruhen sie sich nur aus? Könnte die Mauer zu einem Friedhof gehören? Besuchen sie zusammen die Gräber ihrer Männer? Sind sie Schwestern? Der Ort erscheint trostlos. Die Mauer ruft Assoziationen hervor. “Mit dem Rücken an der Wand”, “Nichts geht weiter”, “Zuchthaus”, “Erschießung”... Die Szenerie wirkt resignativ, oder bedrohlich. Wodurch? Ein großer, dunkler Schatten nähert sich ihnen, aber sie nehmen ihn nicht wahr ...
Liebe und Geborgenheit als Momentaufnahme. Sichtbar gemacht durch strenge Komposition.
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